Gemeindestraße mit Privatwegcharakter

2023-02-05 17:13:56 By : Mr. Victor Yu

Emtinghausen – Unsere Berichterstattung der vergangenen Tage über geplante (Winkelweg in Thedinghausen) oder gewünschte (Rövekamp in Riede) Straßensanierungen beziehungsweise -neuherstellungen hat Erhard Adam zum Anlass genommen, auf den Zustand der Straße Zur Jakobsmühle in Emtinghausen hinzuweisen. Es handelt sich um eine Zuwegung, die von der Syker Straße abgeht.

Auf dem letzten Teil, ab etwa 500 Meter bis zu seinem Hof, in dem Adam mit seiner Frau zur Miete wohnt, muss man mit dem Auto sehr langsam fahren. Die Straße besteht – wie früher üblich – aus Betonplatten. Durch die Nutzung über Jahrzehnte sind diese Betonplatten zum Teil angebrochen und ragen an manchen Stellen hoch. Von Zeit zu Zeit repariert die Gemeinde besonders heikle Stellen. Dadurch wurden die Bruchkanten überdeckt, aber die Höhenunterschiede sind dadurch natürlich nicht nivelliert worden. Er müsse manche Stellen über den Seitenraum umfahren, berichtet Adam.

Der 77-Jährige beklagt den Zustand eigenen Angaben zufolge schon seit Jahren, sowohl bei der Gemeinde vor Ort als auch bei der Verwaltung. Die Reparaturen würden nichts bringen. Ursächlich sind laut Adam vor allem die landwirtschaftlichen Fahrzeuge. „Die Betonplatten wurden damals für vielleicht 5 Tonnen ausgelegt, heute fahren da aber 40-Tonnen-Anhänger mit Rüben oder 30-Tonnen-Güllewagen rüber.“ Er wundert sich in diesem Zusammenhang, dass zum Beispiel die Rüben nicht an der Imhorst aufgeladen würden. Die Straße dort sei in einem besseren Zustand. An der Jakobsmühle sei bei der jüngsten Ernte sogar ein Hänger umgekippt.

Der Inhaber eines Schweißbetriebs wünscht sich eine Sanierung, die über die raschen kleineren Reparaturen hinausgeht. Von einer Neuherstellung spricht er ausdrücklich nicht.

Zumal Erhard Adam und seine Frau wie angedeutet die einzigen Anlieger in diesem besagten hinteren Teil sind. Den Müll bringt er mit seinem eigenen Hänger weiter nach vorne an die Straße.

Das Dilemma ist also, dass es sich zwar um eine Gemeindestraße handelt, es faktisch aber eine Art Privatweg ist.

Geld für entsprechende Maßnahmen müssten aus Steuermitteln stammen. „Ich zahle Gewerbesteuer, Kfz- und Mineralölsteuer.“ Auch der vom Rieder Ratsherrn Jürgen Winkelmann für den dortigen Rövekamp ins Spiel gebrachten Erhöhung der Grundsteuer A, die in der Regel Landwirte zu bezahlen haben, steht Adam offen gegenüber. Und er setzt (angedachte) Ausgaben der öffentlichen Hand in Beziehung, wenn er kritisiert: „Für eine Fahrradbrücke über die Eyter soll Geld ausgegeben werden, aber für die Straßen ist nichts da.“

Frank Bielefeld, Bauamtsleiter im Thedinghauser Rathaus, hat den aktuellen Zustand der Straße nicht vor Augen. Er weist aber grundsätzlich darauf hin, dass die Verkehrssicherungspflicht auf Gemeindestraßen zu gewährleisten ist. Dafür trage die Gemeinde mit den Reparaturen auch Sorge. Hinsichtlich der Priorisierung von Sanierungen oder gar Neuherstellungen von Straßen müssten Abwägungen getroffen werden, nämlich im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Rechnung; dabei sei auch maßgeblich, von wie vielen Verkehrsteilnehmern der Weg genutzt werde. Dann sei es eine politische Entscheidung, wenn der Rat die Frage klärt: „Welche Straßen sind uns wichtig?“

Die Verwaltung könne ein solches Thema auch auf die Tagesordnung heben, in diesem Fall rät Bielefeld Erhard Adam aber, das Anliegen in der Einwohnerfragestunde einer Ratssitzung vorzubringen.

Der Bauamtsleiter verweist zudem auch auf den unterschiedlichen finanziellen Spielraum, den die Gemeinden hätten. Für Thedinghausen sei die Herrichtung des Winkelwegs „wuppbar“, kleinere Kommunen hätten es da schon schwerer. Bielefeld gibt zu bedenken, dass heutzutage neben der bloßen Investition auch Abschreibungen in die Haushalte eingebucht werden müssten. „Kostet eine neue Straße zum Beispiel 400 000 Euro, müssen jährlich 16 000 Euro 25 Jahre lang in den Ergebnishaushalt eingetragen werden.“ Solche Abschreibungssummen seien früher, vor Einführung der sogenannten Doppik in den Kommunen, in den Etats nicht aufgetaucht.

Und in Bezug auf die Grundsteuer A fragt Bielefeld: „Wie hoch will man mit den Hebesätzen gehen? Die Steuer ist nicht so einnahmenstark.“

Auf die finanziellen Belastungen der Gemeinden verweist auch Bürgermeister Gerold Bremer, vor allem seit der Einführung der Beitragsfreiheit in den Kindergärten durch das Land seien die Möglichkeiten begrenzt. Gleichwohl seien die Straßen in Emtinghausen in einem guten Zustand, sagt Bremer mit Nachdruck. Das liege vor allem daran, dass die Gemeinde viele Straßen vor Jahren mit Mitteln aus der „PROLAND“-Förderung des Landes neu hergestellt habe, etwa den Fladenweg. Mit je 60 Prozent hatte Niedersachsen damals die kommunalen Projekte unterstützt. 40 Prozent stammten von der Gemeinde. „Wir haben viel Geld ausgegeben“, hebt der Bürgermeister hervor. Auch im Zuge der Flurbereinigung seien gute neue Straßen möglich gewesen, so die Schulstraße.

Bei der besagten Jacobsmühle besteht aber „kein öffentliches Interesse“ an einer aufwendigen Sanierung oder gar Neuherrichtung, unterstreicht Bremer. Man könne und müsse dort langsam fahren. Es handele sich aber um eine befahrbare Straße. Schadstellen würden mit Asphalt repariert. Ein Gemeindemitarbeiter und er seien oft auf den Straßen Emtinghausen unterwegs und würden sich die Stellen anschauen und gegebenenfalls rasch handeln, dafür stünden in jedem Haushalt die nötigen Mittel zur Verfügung.

Für den heutigen landwirtschaftlichen Verkehr seien die Straßen überall in der Samtgemeinde zu schwach. Es gebe aber keine Alternative. Ohnehin sei es nicht angebracht, nur auf die Landwirtschaft zu zeigen und womöglich sie für die Bezahlung von Maßnahmen zu belangen. Schließlich gebe es auch Lieferverkehr und die Müllabfuhr.

Gerold Bremer: „Wir halten die Straßen in der Gemeinde in Ordnung und wir haben sie im Auge. Wir können aber nicht für zwei Personen die Straße neu machen. Das sprengt den Rahmen.“

Von Philipp Köster