Um dem Flüchtlingsstrom Herr zu werden, schotten immer mehr Länder ihre Grenzen mit Zäunen ab. Für Hersteller ist der Bau der Barrieren ein glänzendes Geschäft – aber nicht alle wollen an der Festung Europa mit bauen.
Eiserne Barriere: Eigentlich entwickelte Geo-Alpinbau-Chef Helmut Ortler den Sicherheitszaun aus verzinktem Eisen gegen Steinschläge.
Die Berge haben Maurermeister Helmut Ortler wohlhabend gemacht. Der Geschäftsführer des Tiroler Hoch- und Tiefbauunternehmens Geo-Alpinbau hat Gebirgsstraßen in Höhen gebaut, in denen gewöhnliche Straßenhersteller kapitulieren, er hat Berghänge umgegraben, um Anwohner vor Muren zu schützen, er hat Seilbahnen in Berggebieten errichtet, in denen schon Wanderungen lebensgefährlich sind. Derzeit hängen seine Mitarbeiter in rund 3000 Meter Höhe an der Zugspitze und sprengen dort das Fundament für die neue Seilbahn in die senkrechte Felswand.
Seine beste Erfindung, wie Ortler sie gerne nennt, liegt aber nicht auf der Zugspitze, sondern zusammengerollt im Hinterhof seines 80-Mann-Unternehmens im Tiroler Örtchen Imst. Es ist ein Stück Maschendrahtzaun. Ortler steigt demonstrativ mit einem Fuß auf den Ballen: „Eigentlich haben wir diesen Sicherheitszaun gegen Steinschläge entwickelt“, sagt er.
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Der Kundenstamm des Unternehmers mit einem Jahresumsatz von knapp 20 Millionen Euro hat sich nun aber erweitert: Nach der bayrischen Polizei mietet seit vergangener Woche auch das österreichische Innenministerium Ortlers Sicherheitszaun. Der zynische Grund: Das Drahtgeflecht hält nicht nur Steine ab, sondern auch Flüchtlinge.
Die Freiheit auf dem Kontinent, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zum Selbstverständnis der Europäer wurde, weicht gerade engmaschigen Zäunen, umspannt mit sogenanntem Nato-Draht, einer teuflisch präzisen Aneinanderreihung von Rasierklingen, die sich wie Widerhaken unter die Haut schneiden, um sie dann großflächig aufzureißen. Bereits 2012 errichtete Griechenland einen 12,5 Kilometer langen Sperrzaun zur türkischen Seite. Die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei ist ebenfalls in weiten Teilen mit Nato-Draht und Sicherheitszäunen befestigt.
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Wo in Europa Grenzzäune entstehen
Auch um die spanischen Enklaven Ceuta und Melilla verlaufen martialische Grenzzäune. Nun ziehen andere Länder nach. 175 Kilometer Zaun und Stacheldraht hat Ungarn zu seinem Nachbarland Serbien ziehen lassen. Seit Oktober umzäunt Ungarn auch die Grenze zu Kroatien. Mazedonien will bis zu 15 Kilometer seiner Grenze zu Griechenland abriegeln. Slowenien baut bereits ein Drahtgeflecht zu Kroatien, das 80 Kilometer lang werden soll. Und Österreich errichtet auf einer Länge von vorerst 4,2 Kilometern einen Hochsicherheitszaun zum Nachbarn Slowenien.
Was für Menschen lebensgefährlich und für den Zusammenhalt der europäischen Gemeinschaft zumindest fragwürdig ist, verspricht einigen Unternehmen hingegen glänzende Geschäfte. Nicht nur das Tiroler Unternehmen Geo-Alpinbau profitiert vom politischen Versagen Europas. Auch beim Werkzeugkonzern Hilti sorgte das ungarische Zaunprojekt für volle Auftragsbücher. Dabei gibt es auch Unternehmen, die Lieferungen für den Zaunbau verweigern. Der Berliner Nato-Draht-Vertreiber Mutanox lehnte eine Lieferung nach Ungarn aus Gewissensgründen ab. Das Netz feiert die Geschäftsführer seitdem als Helden. Doch wer sind die Unternehmen, die das Material zur Festung Europa liefern? Und welche Verantwortung tragen Unternehmen in humanitären Katastrophen wie der Flüchtlingskrise?
Zahl der Aufnahmen... insgesamt: 920 pro 100.000 Einwohner: 20
Zahl der Aufnahmen... insgesamt: 400 pro 100.000 Einwohner: 14
Zahl der Aufnahmen... insgesamt: 270 pro 100.000 Einwohner: 5
Zahl der Aufnahmen... insgesamt: 10 pro 100.000 Einwohner: 4.485
Zahl der Aufnahmen... insgesamt: 195 pro 100.000 Einwohner: 10
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Zahl der Aufnahmen... insgesamt: 695 pro 100.000 Einwohner: 7
Zahl der Aufnahmen... insgesamt: 500 pro 100.000 Einwohner: 5
Helmut Ortler von Geo-Alpinbau interessieren ganz andere Fragen. Es sind technische Fragen. Die wichtigste: Wie viele Menschen kann sein Zaun abhalten. Eine tatkräftige Antwort erhielt der Tiroler von der bayrischen Polizei. 30 Mann in voller Montur ließ diese gegen den Zaun anstürmen. „Beprobung“ nennen sie das im Imster Unternehmen. „Die Polizisten haben versucht, unseren Zaun zu übersteigen, zu untergraben und niederzureißen“, erzählt ein Mitarbeiter von Geo-Alpinbau. Nachdem das Stahlgeflecht aus Tirol nicht kleinzukriegen war, entschied die bayrische Polizei das Gelände beim G7-Gipfel im vergangenen Juni damit zu sichern. 7,5 Kilometer Zaun mietete die Polizei von Ortler. Mehr als zwei Millionen Euro kostete die Umzäunung rund um das Schloss Elmau.
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